Factoring oder Verrechnungsstellen für Steuerberater
01.10.2015 18:08 AllgemeinVerrechnungsstellen für Ärzte – die Vorgeschichte
Seit Jahrzehnten ist das Factoring (=Verkauf von Forderungen als Instrument der Umsatzfinanzierung) bei Ärzten sehr verbreitet. Die ersten ärztlichen Verrechnungsstellen entstanden bereits vor mehr als 80 Jahren. Allerdings beruht Erfolg bei Ärzten auf mehr als der reinen Finanzierung. Ärzte sind keine Inkassofachleute. Ihre Praxen sind häufig nicht auf das Management größerer Anzahl von Rechnungen ausgerichtet. Vielfach entspricht es nicht ihrer Neigung, sich mit ihren Patienten wegen ausstehenden Honorars auseinanderzusetzen. Aus diesem Grunde bieten Factoringunternehmen für Ärzte ein umfassendes und an diesen Bedürfnissen ausgerichtetes Honorarmanagement als Teil des Factoringpaketes an. Dabei versendet das Factoringunternehmen die Rechnung des Arztes an den Patienten, erinnert, mahnt und kümmert sich um alle Fragen, die mit dem Ausgleich der Rechnung zusammen hängen. Dabei tritt das Factoringunternehmen offen als Dienstleister des Arztes auf. Dieses umfassende Leistungsangebot eines Factoringsunternehmens nennt sich dann Verrechnungsstelle.
Zulässigkeit bei Steuerberatern
Verglichen mit den ärztlichen Verrechnungsstellen können Steuerberater erst seit kurzer Zeit auf ein entsprechendes Angebot zurückgreifen. Seit 2008 sieht § 64 Absatz 2 Satz 2 StBerG vor, dass die Abtretung von Gebührenforderungen an Factoringgesellschaften zulässig ist, soweit der Mandant nach Aufklärung hierzu sein Einverständnis erklärt hat. In § 64 Absatz 2 Satz 1 StBerG ist im Ergebnis geregelt, dass eine Abtretung an z.B. Steuerberater oder Rechtsanwälte auch ohne Einwilligung des Mandanten möglich ist. Durch diese Gesetzesänderung kann nun mehr durch Steuerberater das Instrument des Factorings zur Finanzierung genutzt werden und der Weg zu Bildung von Verrechnungsstellen für Steuerberater war frei. Inzwischen gibt es auf diesem Markt mehrere Unternehmen, die teils als klassische Factoringunternehmen das Produkt mit Einwilligungserklärung oder teils als Rechtsanwaltsgesellschaften eine Verrechnungsstelle ohne Einwilligungserklärung anbieten.
Nutzen für Steuerberater
Steuerberater stehen bei der Durchsetzung ihrer Honorare vor einem vergleichbaren Dilemma wie Ärzte. Die vertrauensvolle und durch äußere Störungen unbelastete Zusammenarbeit mit dem Mandanten ist für ein gutes Mandatsverhältnis unerlässlich. Muss gemahnt oder mit Nachdruck der Ausgleich einer Rechnung verlangt werden, besteht die Sorge, den Mandanten deswegen zu verärgern. In jedem Fall kann es viel Zeit und Nerven kosten, bis die gestellten Rechnungen tatsächlich bezahlt sind. Diese Zeit fehlt für die zahlenden Mandanten oder Neuakquisitionen. Hier helfen können Verrechnungsstellen, die Mandat und Rechnungsausgleich aus Sicht des Mandanten voneinander entkoppeln und ab dem Versand der Rechnung alle administrativen Aufgaben übernehmen und Ansprechpartner für den Mandanten für alle Fragen rund um den Ausgleich der Rechnung werden. Darüber hinaus wirkt sich die Einschaltung von Verrechnungsstellen häufig positiv auf die Zahlungsmoral der Mandanten aus – eben weil Mandat und Rechnungsausgleich entkoppelt sind.
Wirkung auf Mandanten
Entscheidend ist, wie die Verrechnungsstelle oder das Factoringunternehmen gegenüber dem Mandanten auftreten. Ärztliche Verrechnungsstellen sind bei Mandanten bekannt und akzeptiert. Tritt ein Factoringanbieter daher als Verrechnungsstelle an den Mandanten heran, bleiben negative Assoziationen wie „Inkasso“ oder ähnliches aus. Darüber lassen sich nur wenige Mandanten durch ihre Geschäftspartner vorschreiben, wie sie ihren eigenen Betrieb organisieren und an welchen Stellen sie z.B. Outsourcing nutzen. Das gleiche Recht werden sie auch ihrem Berater zubilligen.